Der Schlüssel zur Energiewende ist die Umstellung auf erneuerbare Energien aus dezentralen Quellen.
Das eigene Zuhause wird zum komplexen Energieökosystem
Moderne Häuser verfügen oft über Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Stromspeicher, vernetzte Haushaltsgeräte und eine Wallbox zum Aufladen von Elektrofahrzeugen (EVs). Die während eines sonnigen Tages erzeugte Solarenergie kann oft nicht zeitgleich verbraucht werden. Selbst mit einem Heimspeicher kommt es zur Überproduktion, die ins Netz eingespeist wird. Besonders die EV-Wallbox benötigt viel Energie, die vorwiegend aus dem Stromnetz bezogen wird. Die erzeugte Solarenergie selbst zu verbrauchen ist jedoch sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht die beste Option. Diese ungleichmäßige Verteilung aus Erzeugung und Verbrauch im Gebäude gilt es zu optimieren, um den Bezug aus dem Stromnetz zu minimieren.
Die Idee: Elektroautos als das zu nutzen, was sie wirklich sind - riesige Batterien.
Smart Charging ermöglicht es Hausbesitzer:innen mit einer Photovoltaikanlage, den Eigenverbrauch ihrer Solarenergie zu erhöhen und dadurch die Betriebskosten ihres Elektrofahrzeugs zu minimieren. Überschüssige Energie kann tagsüber im Elektrofahrzeug gespeichert werden. Bei Bedarf könnte das Haus Energie aus dem Auto statt aus dem Stromnetz beziehen. Das Auto wird so weit wie möglich mit Solarenergie geladen, und der Netzbezug minimiert. Der Eigenverbrauch steigt, da weniger Solarenergie ins Netz eingespeist wird und die Kosten für das Laden des Elektrofahrzeugs sinken.
Innovation ist die gute Umsetzung einer Idee in die Praxis mit klaren Vorteilen für eine möglichst große Nutzerschaft.
Zwei Herausforderungen beschäftigten uns von Anfang an: In Deutschland gibt es aktuell noch vergleichsweise wenig Haushalte, die die Kriterien für ein so komplexes Energiemanagement bereits erfüllen. Auch wenn sich dies im Laufe der Zeit ändern wird, ist Interoperabilität mit anderen Herstellern als wesentlicher Schlüssel zu sehen, um eine große Wirkung zu erzielen. BOSCH verfolgt daher unter anderem mittlerweile auch einen Lösungsansatz für industrielle Nutzung oder als Bestandteil für kommerzielle Anbieter von Ladeinfrastruktur: https://www.bosch.com/de/stories/smart-charging/
Darüber hinaus wussten wir aus Erfahrung, dass die Benutzerfreundlichkeit ein Hindernis darstellen würde: Was erwartet man, wenn man ein batteriebetriebenes Gerät an der Ladevorrichtung einsteckt? Dass es so schnell wie möglich zu 100% aufgeladen wird, richtig?
Mit Smart Charging wird das Auto nicht so schnell wie möglich aufgeladen, und die Batterie wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Abfahrt nicht vollständig voll sein. Wenn man also morgens in sein Elektrofahrzeug steigt ist die Reichweite begrenzt, selbst wenn das Auto die ganze Nacht über an der Wallbox angeschlossen war.
Gewohnheiten von Menschen zu ändern ist eine der größten Herausforderungen in der Gestaltung von digitalen Lösungen. Die Erwartungen und Motivationen der Nutzer:innen müssen richtig verstanden sein, um erfolgsversprechende Ansätze für die Änderung zu finden.
Unsere These:
"Wenn die Mobilitätsbedürfnisse (in Form von Reichweite) erfüllt sind, können wir Fahrer:innen von Elektrofahrzeugen von der ungewohnten Lösung überzeugen, da eine beträchtliche finanzielle Einsparung mit der Nutzung der Solarenergie vom Dach einhergeht. "
Um unsere These mit echten Kund:innen zu validieren, durchliefen wir mehrfach diese 3 Phasen:
- Prototyping: Wir entwickelten den Prototypen einer App, der mit der Wallbox interagiert und so beim Start des Ladevorgangs den komplexen Vorgang verständlich machen kann. Nur durch diese elaborierte prototypische Entwicklung konnten wir echte Kunden im kritischen Moment eines Ladeereignisses beobachten.
- Nutzerforschung: Um realistische Feedbackschleifen zu schaffen, wurde der Prototyp auf Ausstellungen und Messen präsentiert. Besucher konnten die Lösung eigenständig ausprobieren und wurden danach gezielt befragt. Das Erfassen ihrer Reaktionen lieferte wertvolle Einblicke in die Nutzerbedürfnisse.
- Adaption: Basierend auf den Erkenntnissen aus dem "Guerilla-Testing" durchlief das Konzept der App mehrere Iterationen, bis die Lösung auf eine hohe Akzeptanz unter Nutzern stieß und unserem Ziel möglichst nahe kam: Eine einfache und verständliche Benutzeroberfläche zu schaffen, die auch komplexe Energiemanagementprozesse zugänglich macht und den wirtschaftlichen Vorteil unterstreicht.
Nutzerzentrierte Gestaltung trifft auf technologische Möglichkeiten - ein Schritt in Richtung Grüner Zukunft
Die entwickelte Lösung funktioniert automatisch, ohne dass sich die Nutzer:innen zu sehr darum kümmern müssen. Denn das ist es, was Nutzer:innen zunächst erwarten. Gleichzeitig erklärt das System aktiv, was vor sich geht und erlaubt jederzeit Änderungen vorzunehmen. Diese Kontrollmöglichkeit ist ebenfalls eine fundamentale Forderung der Nutzer:innen.
Das Nutzer:innenerlebnis im Detail:
Zuhause angekommen steckt man das Elektroauto an die Wallbox. Vergisst man dies, erinnert die App daran. Basierend auf dem Mobilitätsmuster sowie dem Energiebedarf und -angebot im Haus wird ein Ladeereignis ausgelöst. Das Auto wird mit so viel Solarenergie wie möglich aufgeladen. Das System informiert über die Annahmen, die es getroffen hat. Jedes Ladeereignis zeigt, wieviel Solarenergie verwendet wird. Je mehr, desto grüner wird es auch visuell dargestellt. Auch die effektiven Kosten (und Einsparungen) werden präsentiert. Über die Zeit lernt das System das Verhalten und die Mobilitätsbedürfnisse der Nutzer:innen besser kennen.
Vorteile der Lösung:
- Energieautarkie: Durch die intelligente Nutzung von Solarstrom für das Laden von EVs können Hausbesitzer:innen ihren Anteil an selbst verbrauchter Energie signifikant erhöhen.
- Kostenreduktion: Die Anwendung minimiert die Betriebskosten der EVs, indem sie hauptsächlich Solarenergie zum Laden verwendet, was zu direkten finanziellen Einsparungen für die Besitzer:innen führt.
- Personalisierung: Nutzer:innen können ihre Ladevorgänge basierend auf ihrer persönlichen Präferenzen und Mobilitätsanforderungen anpassen, was die Akzeptanz und Zufriedenheit erhöht.
- Verbesserte Netzauslastung: Die Lösung trägt zur Entlastung des Stromnetzes bei, indem sie Spitzenlasten reduziert und erneuerbare Energien effizienter nutzt.
- Lernfähigkeit: Mit der Zeit lernt das System, das Nutzer:innenverhalten und die Mobilitätsbedürfnisse zu verstehen und passt seine Prognosen und Empfehlungen entsprechend an.
- Umweltfreundlichkeit: Durch die Optimierung der Nutzung von Solarenergie wird die Umweltbelastung reduziert, was einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit darstellt.
- Positive Nutzer:innenerfahrung: Die Lösung bietet vollständige Kontrolle und minimiert gleichzeitig den Aufwand für die Benutzer:innen mit einer einfachen und intuitiven Benutzeroberfläche.
"Wir arbeiten an einem Framework zur Etablierung eines Ladeverwaltungssystems [...], das optimale Ladepläne für einen Standort erstellen kann. Optimal bedeutet, dass es nicht nur die Anforderungen der einzelnen Fahrzeuge, sondern auch Faktoren wie den aktuellen und zukünftigen Strompreis, die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wie aus Photovoltaikanlagen und die allgemeine Last des Standorts berücksichtigt. Auf diese Weise können Spitzenlasten und hohe Strompreise vermieden werden - gleichzeitig wird zur Nachhaltigkeit des Standorts beigetragen." Moritz Bräuchle, Aktivitätsmanager für Smart Charging am Forschungscampus in Renningen
Technologische Machbarkeit, wirtschaftlicher Nutzen und menschliche Bedürfnisse im Einklang
Digitale Lösungen wie diese entstehen in komplexen technologischen Umgebungen mit zahlreichen Möglichkeiten. R&D mit technologischen Fokus ist zwar grundlegend für Innovation und häufig auch initialer Impulsgeber, muss aber frühzeitig mit Aspekten der Wirtschaftlichkeit und der Nutzer:innenbedürfnisse kontrastiert werden. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Produkts liegt in der Schaffung einer einfachen und vorteilhaften Kund:innenerfahrung, die die technologische Machbarkeit mit der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit kombiniert.
Mehr als eine App - ein Meilenstein des Energiemanagements
Wir wurden beauftragt, eine App zu entwickeln, und haben eine Kund:innenerfahrung gestaltet. Die Integration realer Softwarealgorithmen in den physischen Prototypen führte zu sehr realistischen Testszenarien und daher sehr wertvollen Erkenntnissen aus der Nutzer:innenforschung. Die Lösung wird kontinuierlich weiter entwickelt und in andere Geschäftsbereiche integriert. Unser Beitrag bestand darin, die wirtschaftliche Tragfähigkeit kritisch zu hinterfragen, die technischen Möglichkeiten und deren Auswirkungen zu verstehen und beide Aspekte mit den erkannten Kund:innenbedürfnissen in Einklang zu bringen.
Wir können Ihnen helfen, aus einer Idee eine Innovation zu machen
Ein globaler Übergang zu erneuerbaren Energien aus dezentralen Ressourcen wird unverzichtbar sein. Wie bei vielen heutigen Herausforderungen müssen hochkomplexe technologische Aspekte gelöst werden. Der Unterschied zwischen einer Idee und einer Innovation liegt in der Umsetzung, die sowohl dem Unternehmen als auch den Kund:innen nachhaltigen Wert bieten muss. Wir können Ihnen dabei helfen, diese Balance zu finden, insbesondere bei der Schaffung einfacher Lösungen mit klaren Vorteilen für Ihre Kund:innen.