de (Dies ist ein leicht überarbeitetes Skript für einen Vortrag, den ich Anfang 2023 auf dem UX Camp gehalten habe)
Ich gestehe: Ich spiele viel zu viele Videospiele.
Ich spiele so viel, dass ich das Bedürfnis habe, das irgendwie zu rechtfertigen. Ich sage zum Beispiel gerne, dass ich das zu Forschungszwecken mache. Dass es mir dabei hilft mich in meinem Beruf weiterzuentwickeln und "Produktdesign" besser zu verstehen.
Diese Art der Rechtfertigung ist aber gefährlich, da sie leicht außer Kontrolle gerät. Denn im nächsten Moment denke ich über die großen Fragen nach: Was ist eigentlich Produktdesign? Was ist UX? Was... mache ich hier eigentlich?
Vielleicht kennst du diese Situation. Ein Verwandter - deine Mama, Papa, oder deine Ehepartner:in - fragt: "Also... was machst du eigentlich?".
Du könntest sagen: "Ich arbeite an dieser App, damit jeder versteht, was zu tun ist" oder "Ich sorge dafür, dass die Leute, die diese Website benutzen, auch wirklich genau die Informationen bekommen, die sie brauchen".
Das ist alles richtig. Im Grunde denke ich aber, dass wir Designer:innen vor allem eins tun: Die Legosteine so anordnen, dass die Leute, sofort wissen: Ja, das ist zum Fahren gedacht oder sie gleich wissen, dass man es anschieben kann. Dass es dank der Raketentriebwerke, die auf der Rückseite angebracht sind, Spitzengeschwindigkeiten erreicht! Wir machen das, was kurz zuvor nur ein paar Legosteine waren, erkennbar – wir machen das Abstrakte verständlich.
Das ist eine Fähigkeit, die sich immer wieder als nützlich erweist. Vor allem aber, wenn wir als Gesellschaft auf unbekannte Dinge stoßen, wie neue Technologien, neue Formen des Ausdrucks oder auch neue kulturelle Werte.
Um in diesem Job gut zu sein, muss man diesen Veränderungen nachspüren. Und eine der besten Möglichkeiten, diesen Veränderungen schnell zu sehen, ist das Spiel.
Das Spiel ist der Prototyp für gesellschaftliche Veränderungen
Was mich am Spielen fasziniert, ist ihre kulturelle Bedeutung als Werkzeug für die zukünftige Sinnfindung. Das steht im Gegensatz zu der weit verbreiteten Auffassung, Spiele seien Zeitverschwendung oder nur etwas für Kinder. In Wirklichkeit denke ich, dass das Spiel ein entscheidendes Instrument ist, um neue Entwicklungen zu ergründen.
Mit anderen Worten: Das Spiel ist ein Prototyp für kulturelle Veränderungen.
Der Grund dafür ist ziemlich einfach: Spielen ermöglicht es uns, aktiv an einer Phantasievorstellung teilzunehmen; frei "was-wäre-wenn-Szenarien" zu erforschen; Dinge auszuprobieren, die wir im echten Leben nie tun würden.
Oder wie Gregory Bateson es ausdrückt:
(...) Spiel ist ein Austausch von Nachrichten innerhalb eines kontextuellen Rahmens, der das Etikett "alle Botschaften innerhalb dieses Rahmens sind nicht buchstäblich wahr" trägt.
- Wenn ich dich in Fortnite umbringe, will ich dir nicht wirklich etwas antun. Es ist nur ein Spiel! Aber es ist ein Ventil für meine wettbewerbsorientierte Seite.
- Wenn ich in Dungeons and Dragons einen ungehobelten Ork spiele, kann ich auf eine Art und Weise handeln, wie ich es im wirklichen Leben nie tun würde - und Konsequenzen erleben, die mich sonst nicht betreffen
- Wenn ich einer Gilde in World of Warcraft beitrete, kann ich mit Leuten, mit denen ich normalerweise nicht zusammenarbeiten würde, auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.
Die Erkenntnis "das ist nicht wahr" kann befreiend sein. Wir lernen dabei Dinge, die sich auch auf Situationen außerhalb des Spiels übertragen lassen. Während wir spielen, entwickeln wir gewissermaßen "Prototypen" von Verhaltensweisen, die zusammengenommen eine Kultur bilden.
Das ist immer nützlich - vor allem aber, wenn wir große kulturelle Veränderungen erleben, die uns mit neuen Problemen konfrontieren, auf die wir als Gesellschaft keine Antworten haben.
Es geht also nicht nur darum, dass wir spielerisch eine neue Kultur erfinden, sondern auch darum, wie wir mit den Folgen dieser Veränderungen umgehen: Das Spiel ist der Prototyp der Gesellschaft für Antworten auf kulturelle Veränderungen.
Im Spiel verproben wir unsere Reaktionen auf kulturelle Veränderungen
Ok, aber was meine ich mit kulturellen Veränderungen?
Um das zu ergründen, müssen wir etwa 5000 Jahre in der Zeit zurück gehen und über die Erfindung der Schrift sprechen.
Kurz: Die Erfindung der Schrift war ein schwerer Schlag für die Gesellschaft!
Früher konnte man sich darauf verlassen, dass die meisten Dinge, die passiert sind, mit der Zeit vergessen wurden: Die Gnade unseres löchrigen Gedächtnisses bedeutete, dass Tom sich vielleicht irgendwann nicht mehr daran erinnern würde, dass ich ihm ein Bier schulde! Und wenn Kommunikation stattfand, dann im Hier und Jetzt - nur zwischen den Menschen, die in diesem Moment tatsächlich anwesend waren.
Aber mit der Erfindung der Schrift konnte man plötzlich Dinge aufschreiben. Für uns ist das heute eine Selbstverständlichkeit. Wir denken nicht einmal mehr wirklich darüber nach. Aber es war revolutionär!
Die Weitergabe von Wissen wurde viel einfacher - unsere Vorfahren konnten nun alle ihre "großen Gedanken" niederschreiben und mussten sich nicht mehr auf mündliche Überlieferungen verlassen. Auch die Planung großer Projekte war plötzlich möglich. Man musste nicht mehr persönlich an jeder Sitzung teilnehmen. Stattdessen konnte man einfach die Anweisungen aufschreiben, die die anderen dann befolgen sollten. Aber das Schlimmste von allem: Tom konnte eine Liste mit all den Bieren erstellen, die ich ihm schuldete. Die Geburtsstunde der Buchhaltung.
Kurzum: Vieles, was komplexe Organisationen zur Planung benötigten, wurde mit der Erfindung der Schrift denk- und machbar.
Wie geht man mit einer solchen Zunahme an Komplexität um?
Ich stelle mir gerne vor, dass die Menschen tatsächlich ein bisschen ausgeflippt sind. So wie die Leute jetzt ausflippen, weil sie mit dem Internet nicht umgehen können.
Und ich würde behaupten, dass Spiele einen entscheidenden Anteil daran hatten, den Menschen beizubringen, wie sie mit dieser Zunahme an Komplexität umgehen konnten.
Nehmen wir zum Beispiel das oben gezeigte Spiel namens Senet. Die genauen Regeln sind verloren gegangen - aber wir haben ein so gutes Verständnis, dass wir zumindest allgemein darüber sprechen können.
Dieses Spiel, das ebenfalls vor etwa 5000 Jahren entwickelt wurde, wirkt eigentlich recht modern. Man bewegt seine Figuren über die Felder, indem man würfelt. Man kann die Bewegungen seines Gegners blockieren und seine Pläne durchkreuzen. Auf einigen Feldern kann man sogar eine "Spezialaktion" ausführen, wenn man seine Figur darüber bewegt.
Das klingt schon jetzt besser als "Mensch ärgere Dich nicht", wenn Ihr mich fragt!
Neben dem Spielspaß enthielt Senet aber vor allem einige wichtige Lektionen für die Spieler:innen. Zum Beispiel: Komplexität wird reduziert, wenn man sie in überschaubare Quadrate zerlegt. Eine andere Lektion: Alles wird überschaubarer und berechenbarer, wenn man einen Platz für alle Dinge definiert.
Genau wie im Spiel, wo bestimmte Figuren nur auf bestimmte Felder passen, so haben auch im echten Leben alle Gegenstände, Tiere und Menschen ihre eigene Rolle, die sie erfüllen (müssen).
Dies würde philosophisch zu einem bestimmenden Merkmal der Epoche: Alles und jeder hatte seinen Platz; es gab eine bekannte Ordnung. Dies wurde als "Teleologie" bekannt, basierend auf dem griechischen Wort "telos", was so viel wie "Zweck" bedeutet.
Ein frühes Instrument, um die Komplexität, die durch die Schrift entstanden war, erträglicher zu machen.
Im Spiel entdecken wir, was als Nächstes kommt
Ok, aber warum sprechen wir über all das?
Ich finde den Kontext hilfreich, weil ich glaube, dass dieses Ding - der Computer - uns ziemlich aus der Bahn geworfen hat . Genauso wie uns auch die Schrift all die tausend Jahre zuvor verwirrt hat.
Wir lernen gerade erst, damit umzugehen.
Ich gehe jeden Tag mit der Erwartung zur Arbeit, dass ich neue Möglichkeiten der Interaktion mit einem Computer entwickeln und gestalten werde, so dass andere Menschen ihn sinnvoll nutzen können. Die Menschen vertrauen auf mein Fachwissen und glauben, dass ich weiß, was ich tue.
Aber das tue ich nicht.
Ich glaube, wir alle verstehen nicht wirklich, was dieser Computer tut, wie man am besten mit ihm interagiert oder wie man mit all den Herausforderungen umgeht, die er mit sich bringt.
Aber wenn man all das glaubt, was ich vorhin gesagt habe, dann wäre das Spielen von Videospielen ein guter Anfang, um das herauszufinden. Denn so wie Senet-Spieler:innen von damals lernten mit der neuen Komplexität umzugehen, können wir das vielleicht auch - indem wir die Spiele unserer Zeit spielen.
Denn: Im Spiel entdecken wir, was als Nächstes kommt.
Hier sind drei Dinge, die ich beim Spielen entdeckt habe. Dinge, die uns vielleicht lehren könnten, wie wir am besten mit dem Computer umgehen. Damit wir unsere Arbeit besser machen, vor allem wenn es darum geht, das Abstrakte für Menschen verständlich zu machen.
1. Das beste Handbuch ist ein unsichtbares Handbuch.
Videospiele arbeiten mit einer Vielzahl komplexer Systeme und oft auch mit neuen Eingabemethoden. Daher waren die Entwickler:innen gezwungen, all dies den Nutzer:innen gut zu erklären.
Im Gegensatz dazu ist das "Onboarding", wie wir es in der auf Apps ausgerichteten UX-Welt kennen, immer noch sehr stark in den alten Methoden des Schreibens und Druckens von Handbüchern verwurzelt.
Das wird angezeigt, wenn ich in der Dribble-Suche "Onboarding" eingebe. Bunte, kreative Screens, die direkt nach dem Start der App angezeigt werden. Es macht Spaß, sie anzuschauen!
Die Idee hinter solchen Einführungs-Screens ist auch ziemlich rational: Nutzer lesen sie durch und wissen danach, wie die App funktioniert und was sie erwartet. Sie sind nun mit dem Grundwissen ausgestattet, um ihre Aufgabe zu erfüllen.
In Wirklichkeit sehen die Nutzer solche Erklärungstexte, bevor sie überhaupt eine Vorstellung davon haben, wie die eigentliche App aussieht. Sie haben keinen Kontext. Alles, was sie bisher getan haben ist, auf ein Symbol auf ihrem Bildschirm zu tippen! Und was ihnen zu Beginn präsentiert wird, ist vor allem erst einmal ein Hindernis, das ihnen den Weg zu ihrem Ziel versperrt.
Es ist auch etwas, das den Computer als Medium nicht ernst nimmt.
Eines der bestimmenden Merkmale der Technologie ist, dass sie immer beobachtet, immer im Hintergrund rechnet und ständig auf neue Eingaben antwortet.
Eingaben wie "Was machen die Benutzer?" und "Wie kann ich ihnen in diesem speziellen Kontext helfen?".
Genau so, wie man es in modernen Spielen wie "Zelda - Tears of the Kingdom" findet.
Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte erfahren die Spieler:innen von "Tears of the Kingdom" sofort, was auf sie zukommt - allerdings in einem sicheren "Lernspielplatz".
Was man als Spieler:in zunächst nicht weiß, ist, dass dieses Gebiet - all diese fliegenden Inseln - im Grunde ein Sandkasten sind, in dem alle wichtigen Mechanismen des Spiels vorgestellt werden. Indem man mit der Welt interagiert und Zeit an diesem Ort verbringt, wird man schließlich alles lernen, was man wissen muss, um das Spiel zu meistern. Es gibt zwar einige Ziele, z. B. vier Schreine, die man besuchen muss, aber niemand hält einen auf dem Weg auf und sagt, wie man genau dorthin gelangt.
Und die Dinge, die man lernt, während man versucht, diese Schreine zu erreichen, sind keine einfachen Dinge wie "A drücken, um zu springen". Es geht darum zu verstehen, wie Elemente wie Feuer, Wasser, Eis usw. miteinander interagieren. Man soll verstehen, wie man die Zeit für ein Objekt umkehren kann, wie man mit den herumliegenden Gegenständen etwas bauen kann und wie man mit den Zutaten, die man findet, Essen kocht.
Hinter dem Spiel steckt ein komplettes Physiksystem und nach Abschluss dieses ersten Bereichs werden die Spieler:innen wissen, wie sie es zu ihrem Vorteil nutzen können.
Es ist wirklich komplex. Aber es fühlt sich zu keiner Zeit so an, als würde man ein Handbuch lesen. Man hat das Spiel einfach nur gespielt. Das Lernen - das Onboarding - geschieht fast nebenbei.
Für mich ist das der heilige Gral, wenn es darum geht, ein Onboarding-Erlebnis zu gestalten: Input und Aktion verschmelzen auf natürliche Weise in einem sicheren Raum, der es erlaubt, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen.
In der Pädagogik sprechen wir hier von kinästhetischem oder handlungsorientiertem Lernen. Und ich denke, dass der Computer besonders geeignet ist, um solche Lernerfahrungen zu ermöglichen.
Wenn wir die Motivationen unserer Benutzer:innen zumindest einigermaßen verstehen, sollten wir unsere Systeme so gestalten, dass sie zum Erforschen einladen. Dabei sollten die Benutzer:innen sanft angeleitet und ihnen geholfen werden, wenn ihre spezifischen Eingaben oder Handlungen dies erfordern. Nicht vorher und niemals ohne Kontext.
2. Einem Menschen zu vertrauen ist schwierig. Einem Computer zu vertrauen ist es auch.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft das Vertrauen.
Unsere Gesellschaft hat schon lange die Grenzen überschritten, bei denen man zumindest ein vages Gefühl für die Menschen um einen herum und deren Vertrauenswürdigkeit hat. In einem kleinen Dorf hörte man vielleicht noch Geschichten über diese und jene Person oder sah aus erster Hand, wie sie sich auf dem Stadtfest verhielt und konnte so Rückschlüsse ziehen.
Aber als unsere kleinen Dörfer zu Städten wurden, mussten wir uns etwas einfallen lassen, damit man auch unbekannten Person vertrauen konnte. Denn ohne Vertrauen gibt es keine Zusammenarbeit, keinen Fortschritt und keinen Handel.
Also wurde das Vertrauen outgesourced – an Organisationen wie die Kirche, zum Beispiel. Zertifikate und Diplome machten dann dieses Vertrauen sogar transportabel.
Aber heute geht es nicht nur um Vertrauen zwischen Menschen oder zwischen Menschen und Organisationen, sondern auch um Vertrauen zwischen Menschen und Maschinen.
Der Hauptgrund, warum Vertrauen in Computer plötzlich wieder in aller Munde ist, ist dieser: ChatGTP.
Wie kann man etwas vertrauen, das als "großes Sprachmodell" bezeichnet wird? Einem Computermodell, das so komplex ist, dass nicht einmal seine Erfinder:innen genau wissen, wie es zu den angezeigten Ergebnissen kommt? Woher sollen wir wissen, ob es die Wahrheit sagt?
Als Spieler kennen wir das Problem. Hier nimmt die KI sogar Gestalt an. Wir nennen das dann "NPC".
NPC: Non Playable Character - eine KI-gesteuerte Spielfigur, die oft für die Geschichte des Spiels relevant ist und die Aufgabe hat, dem Spielerinnen in verschiedenen Situationen zu helfen
In Spielen wie Bioshock trifft man oft auf Charaktere, die einen auf der Reise begleiten. Wie Elizabeth auf dem Bild oben. Man kann sie nicht steuern, daher werden sie "nicht spielbare Charaktere" genannt.
Lange Zeit fürchteten die Spieler:innen solche Momente. NPCs waren einfach zu dumm. Sie liefen in die falsche Richtung. Sie gerieten in die Schusslinie des Feindes. Sie machten zu viel Lärm in einer Situation, in der man sich verstecken musste.
Aber durch die Verbesserung der KI der NPCs (und die Anwendung einiger Tricks, wie zum Beispiel, dass sie sich immer direkt hinter einen beamen, wenn man nicht hinschaut) änderte sich die Meinung der Spieler:innen langsam. So dass diese NPCs heute oft als Segen angesehen werden.
Sie helfen nun in schwierigen Kampfsituationen oder, der neueste Trend, geben Hinweise auf Lösungen, wenn sie merken, dass man mit einem Rätsel zu kämpfen hat.
Als Spieler:in lernt man, ihnen zu vertrauen, so wie man auch einem anderen Menschen vertrauen würde: Indem man ihr Verhalten beobachtet und sieht, wie konsistent die NPCs in ihren Reaktionen sind.
Ja, man kann sich nie zu 100% sicher sein. Aber das gilt auch für andere Menschen.
Ich glaube, dass wir uns in den kommenden Jahren viel mehr Gedanken über NPCs und Vertrauen machen werden. In dem Moment, in dem wir anfangen, KI-Teammitglieder in unsere Figma-Dateien oder unsere Excel-Tabellen aufzunehmen, müssen wir sicherstellen, dass sie so gestaltet sind, dass wir Vertrauen aufbauen können.
3. Geringe Auflösung, große Freiheit
Ich denke oft darüber nach, was wir als "normal" empfinden.
Kürzlich habe ich diesen Artikel gelesen, in dem es darum geht, dass Informatiklehrer:innen damit zu kämpfen haben, dass viele Schüler:innen keine klare Vorstellung vom Dateisystem eines Computers haben. Für sie ist alles über die Suchfunktion zugänglich und nicht über eine hierarchische Ordnerstruktur.
Und das macht ja auch Sinn, oder? Wenn man mit Google als dem Tor zum gesamten Wissen der Welt aufgewachsen ist, das nur über ein Suchfeld zugänglich ist, warum sollte man dann erwarten, dass ein Computer anders funktioniert?
Aber für einen Professor, der in seiner Jugend mit Aktenschränken arbeiten musste, ist es genauso selbstverständlich, die Dinge in ordentliche Kisten und Schubladen zu sortieren. In ein Dateisystem eben.
Wir nehmen, was wir gelernt und erlebt haben und gestalten die Welt entsprechend.
Was erwartet also eine Generation, die mit Minecraft aufgewachsen ist, von ihren Werkzeugen?
Minecraft ist, wie man sehen kann, sehr niedrig aufgelöst. Alles besteht buchstäblich aus verpixelten Blöcken.
Und doch bauen die Leute in diesem Spiel erstaunliche Dinge. Die Kreativität ist so groß, dass es inzwischen ein ganzes YouTube-Genre gibt, das nur dazu da ist, die wundersamen Bauwerke anderer Leute zu zeigen.
Eine weitere Besonderheit dieses Spiels ist, dass es so einfach ist und Spaß macht, gemeinsam zu spielen. Das ist tatsächlich einer der Hauptgründe für viele Leute, Minecraft anzuwerfen: Es ist einfach ein unendlich anpassbarer Raum, in dem man mit seinen Freund:innen abhängen kann.
Ich finde es sehr amüsant, wenn die Leute das Metaverse als diese verrückte, revolutionäre Idee hochjubeln, obwohl die Wahrheit ist, dass Videospieler:innen schon seit langer Zeit in einer Form davon leben.
Und es ist nicht so, dass Minecraft - um nur ein Beispiel zu nennen - ein Nischenprodukt ist. Es wurde über 238 Millionen Mal verkauft, hat fast 140 Millionen monatlich aktive Spieler:innen und Microsoft hat 2,5 Milliarden Dollar für die Übernahme bezahlt!
Jetzt, wo wir uns alle darauf freuen, Anwendungen für das Vision Pro Headset von Apple zu bauen, müssen wir uns daran erinnern, dass es darum geht, den Menschen die Freiheit zu geben, einen Raum für sich und ihre Freund:innen zu schaffen. Die Erwartung ist, dass alles anpassbar und multiplayerfähig ist, aber nicht, dass es super glänzend aussehen muss.
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Ich glaube, ich habe es geschafft! Ich habe all die Stunden, die ich mit Videospielen verbracht habe, vielleicht doch ein wenig gerechtfertigt!
Und vielleicht habe ich dich davon überzeugt, sich noch einmal mit Spielen zu beschäftigen, falls du das noch nicht getan hast. Vielleicht gibt es auch für dich etwas zu entdecken und zu lernen. Ich bin auf jeden Fall schon auf deine Erkenntnisse gespannt!